Vietnamreise – Nachtmarkt in der alten Kaiserstadt Huế

Che-Hue
Chè Huế – vietnamesisches Dessert aus Huế

Von Hội An bis nach Huế brauchten wir nur drei Stunden mit dem Bus. Wir fuhren an der Küste entlang Richtung Norden.
Huế war von 1802 bis 1945 die kaiserliche Hauptstadt der Nguyễn Dynastie. Bis heute ist die Stadt Huế für ihre exquisite Küche bekannt.

Als wir ankamen, war es schon Abend und wir hatten einen Riesenhunger.
Ziellos steuerten wir in der Gegend herum. Es war etwas schwierig, im Dunkeln die neue Gegend zu erkunden. Der sog. Song Huong (Parfümfluss) war nur 200m von uns entfernt. Wir gingen über die lange Brücke und genossen die frische Brise, die an uns vorbei wehte. Währenddessen erwachte das Nachtleben am Flussufer. Die Garküchen wurden gerade aufgebaut, Tische, Stühle und Töpfe aufgestellt.

Obwohl wir zur Abwechslung lieber in einem geschlossenen Restaurant mit richtigen Stühlen gesessen hätten, lockten uns die Düfte aus den Garküchen an. Wir wollten unbedingt die originale Bún bò Huế (Rindfleischnudelsuppe aus Huế) essen.
Wir bestellten bei einer dicklichen Dame in einem geblümten Schlafanzug (das war wohl die Standardkleidung der Garküchenbesitzer) die berühmte Nudelsuppe und setzten uns auf die roten Mini-Plastikstühle.

Währenddessen beäugten wir die uns unbekannten Gerichte der anderen Gäste am Nachbartisch. Direkt neben uns ließ sich ein Pärchen viele kleine runde Schälchen auf einem Tablett bringen, die mit unerkennbarem Inhalt gefüllt waren. Sie schütteten eine Sauce in die Schälchen, bevor sie den Inhalt auslöffelten.

Banh-beo-Hue
Bánh bèo – Delikatesse aus Huế (Reiskuchen mit salziger Füllung)

Weiter vorne an der Straße gab es einen Tisch mit ca. 20 Töpfen, die mit buntem Inhalt gefüllt waren. Ich beobachtete, wie sich Gäste verschiedene Zutaten aussuchten, die in einem Glas gemischt wurden, die sie mit einem Löffel austranken. Daneben stand ein Schild mit dem Namen Chè Huế.

Die Bún bò Huế schmeckte sehr scharf und war reichhaltig mit viel Schweinefleisch gefüllt. Traditionell wurde Bún bò Huế mit Zitronengras, Chili und Krabbenpaste gewürzt. Die Suppe schmeckte köstlich, auch wenn mir die Lippen von der Schärfe brannten.

Obwohl wir schon satt waren, wollten wir trotzdem noch von den anderen Köstlichkeiten probieren. Ich fragte die Dame im Blümchenpyjama, was denn diese Schälchen seien.
Etwas wortkarg antwortete sie mir mit »Bánh bèo«. Aus der Nähe erkannte ich, dass Reismehlteig am Boden lag mit einem gemischten Topping.
Ich bestellte ein Tablett davon und die Dame servierte uns eine süßliche Sauce und Schweinsbratenkruste dazu. Die Mischung in den Schälchen bestand aus Röstzwiebeln, Frühlingszwiebeln, Pilzen und getrockneten Tintenfischen und Shrimps. Zusammen mit dem Reisteig, der Sauce und der Kruste schmeckte alles sehr sehr lecker.

Ich spielte mit dem Gedanken, noch aus den bunt gefüllten Töpfen die Chè Huế zu probieren, aber ich war leider viel zu satt. Ich nahm mir aber vor, herauszufinden, was es war.
Im Internet fand ich heraus, dass Chè ein typisches vietnamesisches Dessert war, das aus den Grundzutaten Wasser, Kokosmilch und Zucker bestand. Dieses Dessert konnte man mit den verschiedensten Hauptzutaten kochen, wie z. B. Mais, grüne Bohnen, Lotussamen, Taro, Mungbohnen, rote Bohnen usw.
Ich erinnerte mich vage daran, dass meine Eltern uns Kindern ab und zu so etwas mit dunkelbraunem glibberigen Inhalt als Nachtisch zu essen gegeben hatten. Nachtisch war bei uns in der Familie eine Seltenheit. Aber das musste Chè gewesen sein.

Bun-Bo-Hue
Bún bò Huế – scharfe vietnamesische Rindfleischnudelsuppe aus Huế

Als wir zahlen wollten, verlangte die Pyjamadame eine ungewöhnlich hohe Summe von uns für die drei Bún bò Huế und die Bánh bèo: 250.000 Dong.
Ich hatte mit der Hälfte gerechnet. Wir diskutierten laut miteinander, sodass sogar schon Leute stehen blieben. Da wir aber keine Referenzpreise in Huế kannten, zahlten wir knirschend den Preis.

Am nächsten Tag durchblätterten wir bei Tageslicht die Speisekarte eines Restaurants. Die gleichen Gerichte, die wir auf dem Nachtmarkt gegessen hatten, hätten im Restaurant ca. 150.000 Dong gekostet. Die Pyjamatante hatte uns also um mindestens 100.000 Dong gelinkt. Über die Dreistigkeit ärgerte ich mich. Das nächste Mal sollten wir vorher nach dem Preis fragen, nahmen wir uns vor. Allerdings fand ich es aber auch ungerecht, jeden Vietnamesen unter Generalverdacht zu stellen. Denn bisher begegneten uns fast alle Vietnamesen sehr freundlich und verlangten faire Preise von uns.

Letztens Endes hatten wir ein tolles Abendessen mit interessanten Entdeckungen auf diesem Nachtmarkt, Chan’s Futtersuche war also höchst erfolgreich.
Und die 100.000 Dong betrugen umgerechnet 4 Euro, die wir mit unseren »dicken Ausländergeldbeuteln« gut verschmerzen konnten.

In Huế verbrachten wir nur anderthalb Tage, bis unsere Reise uns weg von der Küste ins Hochland von Vietnam führte.

Wie die Vietnamreise weiterging, erfahrt ihr im nächsten Beitrag.

Print Friendly, PDF & Email

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*